Ein Reisebericht von Nienke Dopke.
Das Königreich Saudi-Arabien ist eines der letzten weißen Flecken auf der touristischen Weltkarte. Für diejenigen die Kultur, Natur und ein wenig Abenteuer lieben, bietet das Land eine außergewöhnliche Diversität. Ich durfte das Land auf einer Inspektionsreise entdecken!
Wir starten in der quirligen Hafenstadt Jeddah, wo unsere lokale Reiseführerin Leila uns mit viel Elan und Wissen durch die Altstadt führt. Sie begleitet uns bei den Hotelbesichtigungen und sobald die Sonne untergeht, tun wir es den Saudis gleich: Wir legen einen Teppich an der Strandpromenade aus und genießen mit einem Softdrink und einem Eis die friedvolle Atmosphäre.
Von Jeddah reisen wir mit dem Zug nach Medina. Reiseleiterin Kholoud, die ein Jahr in Deutschland studiert hat, begleitet uns zum Bahnhof und erklärt uns wie wir zum richtigen Bahnsteig kommen. Der Zug ähnelt unserem ICE, die Bahnhöfe in Jeddah und Medina sind hochmodern und blitzeblank. Es ist eine geruhsame Fahrt, die Pilger, die uns begleiten, strahlen eine sanfte Vorfreude aus. In Medina werden wir von Reiseleiter Hassan abgeholt. Hauptberuflich Englischlehrer in einer Grundschule, ist er als strenggläubiger Muslim die absolut richtige Person uns die Heilige Stadt Medina und den Islam näher zu bringen. Ich ziehe meine Abaya an und lege ein Kopftuch um. Im gesamten Land ist für Touristen eine lockere, körperbedeckende Kleidung angemessen, lediglich in Medina sind Abaya und Kopftuch für Frauen Pflicht. Wir besuchen das Islamische Museum und Mount Uhud, ein wichtiger Pilgerort. Dank Hassans fröhlichen und offenen Art kommen wir leicht mit Pilger aus der ganzen Welt in Kontakt und hören ihre Geschichten. Die beiden Hauptmoscheen dürfen wir als nicht-Muslime zwar nicht betreten, aber die Architektur ist bezaubernd und die Atmosphäre elektrisierend.
Mittags essen wir in lokalen Restaurants. Wir meiden so die Mittagshitze, genießen das köstliche Essen, kommen in Kontakt mit den „locals“ und haben Zeit, Fragen zu stellen und Themen zu vertiefen. Medina bietet viele Out Door Cafés und Straßenrestaurants. Wir trinken Rosen Tee, probieren arabische Süßigkeiten und lassen uns herrlich treiben. Wenn wir am Abend in unser Hotel einchecken, sind wir uns einig: Das war ein langer, aber sehr inspirierender Tag!
In Hassans bequemen SUV geht es weiter nach Chaibar. Im Auto haben wir arabischen Kaffee, Schokolade und Kekse, wir unterhalten uns und genießen die Landschaft. Es wird immer trockener und karger, hin und wieder begegnen wir Hirten und Kamele und ab und zu fegt ein kleiner Sandsturm über den Asphalt. Chaibar ist eine alte Palmenoase auf einem hoch gelegenen Lavaplateau. Alte Lehmhäuser und enge verwinkelte Gassen regen die Fantasie an. Wie hier früher wohl gelebt wurde? Unser Mittagessen nehmen wir heute in einer Arabischen Fastfood Kette ein: im “Hashi Basha” essen wir Khabsa (ein köstliches Reisgericht), das wahlweise mit Hähnchen oder Kamelfleisch serviert wird. Schmeckt!
Weiter geht es nach Al Ula. Die Natur ist überwältigend: riesige rote, gelbe und schwarze Felsen, grüne Palmentäler und blauer Himmel bieten ein faszinierendes Farbenspiel. Wir fahren auf den Berg Harrat und genießen den herrlichen Blick über das weite Tal. Später treffen wir uns am berühmten Elephant Rock, mit Fawaz, dem Operation Manager unserer Agentur. Er wird uns zusammen mit Guide Osama auf unsere Reise Richtung Norden begleiten. Wir trinken Kaffee, tauschen Erfahrungen aus und genießen den Sonnenuntergang an diesem besonderen Ort.
Wir übernachten im Habitas Al Ula. Die 5-Sterne-Anlage befindet sich in einem malerischen Canyon. Unsere zeltähnliche Villa verfügt über einen Lounge-Bereich mit bunten Kissen, einem geräumigen Bad, einer Außendusche und zwei E-Bikes, womit man die Umgebung erkunden oder auch mal schnell zum Restaurant oder zum Pool radeln kann. Alternativ gibt es einen Buggy-Service. Das Hauptrestaurant TAMA bietet fabelhaftes Essen, sehr gesund und lecker.
Während unserer Zeit in Al Ula besichtigen wir Banyan Tree Al Ula, das derzeit luxuriöseste Resort mit traumhaften Zeltsuiten, Caravan by Habitas, Shaden Resort und Sahary. In Hegra entdecken wir die alten Nabatäer Gräber, die man in ähnlicher Form in Petra, Jordanien findet. Wir besuchen das bekannte Maraya Gebäude, wo sich die Wüste in der Fassade in zahlreichen Variationen spiegelt, wandern durch enge Schluchten und entdecken zwischen den Felsen ein kleines Café, wo wir unter schattenspendenden Bäumen und bei Vogelgezwitscher einen saftigen Safrankuchen genießen.
Wir lassen Al Ula hinter uns und fahren am biblischen Dadan vorbei Richtung Norden. Auf einer kleinen Farm essen wir im Obstgarten zu Mittag, dann geht es weiter nach Wadi Dissah, eins der spektakulärsten Naturattraktionen Saudi-Arabiens. Das wunderschöne Tal ist umringt von Bergen und Felsen in verschiedenen Farben. Süßwasserquellen, Palmen und blühender Oleander vermitteln ein echtes Oasengefühl. Wir treffen ein paar Einheimische beim Picknick und einen Hirten mit seinen Ziegen. Irgendwann suchen wir ein schattiges Fleckchen, legen unseren Teppich aus und genießen ein alkoholfreies Bier. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir unser privates Camp für die Nacht. Das Camp ist basic, die wilde Schönheit des Tals aber überwältigend. Wir inspizieren unser Zelt und machen es uns bequem, während das Lagerfeuer eine warme Glut erzeugt. Obwohl wir schon fast Mai haben, kühlt es in der Wüste nachts bis auf 15 Grad ab, gut dass das Lagerfeuer Wärme spendet und die Betten mit warmen Decken ausgestattet sind! Unter dem sternenübersäten Nachthimmel wird ein traditionelles Abendessen serviert. Unser Guide erklärt, wie die Beduinen sich früher anhand der Sterne orientiert haben und bei einem frisch gebrühten arabischen Kaffee lauschen wir seinen Geschichten und erfahren vieles über den Alltag der jungen Leute hier.
Nach einer erholsamen Nacht sehen wir, wie die Sonne hinter den Bergen hervorkommt, während am Feuer das Frühstück zubereitet wird. Dann ziehen wir, wie ein echter Beduine, mit dem Jeep weiter. Heute ist ein Offroad-Tag, wir werden entlegene Orte in den Bergen und in der Wüste ansteuern, als erstes ein tiefer Canyon namens Shiqri. Wie ein Riss in der steinigen Oberfläche erstreckt sich der Canyon über viele Kilometer und fällt auf beiden Seiten steil ab. Weiter geht es in die Weite der Wüste Hisma, ein Ort von atemberaubender Schönheit. Wir tauschen Blicke mit neugierigen Kamelen und fahren zwischen imposanten Felsformationen hindurch.
In einem schmalen Canyon legen wir unsere Teppiche aus, Fawaz brüht Kaffee auf und öffnet seine Datteldose. Osama sucht mit der App auf dem Handy die Richtung Mekkas und während wir uns zurückziehen, führen unsere Begleiter ihr traditionelles Gebet durch. Wir schätzen den Einblick in ihre Gepflogenheiten und diese Momente des Zusammenseins sehr. Wir setzen die Erkundungstour fort, driften zwischen felsigen Bergketten und hinterlassen frische Spuren im roten Sand, bis wir am späten Nachmittag die Wüste hinter uns lassen und die Stadt Tabuk erreichen.
Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen, für den Flug nach Riyad. Wir sind noch erfüllt von den grandiosen Outdoor-Erlebnissen der letzten Tage und der Sprung in die Zivilisation ist gewaltig. Riyad ist eine hochmoderne Stadt, mit Shoppingmalls, Restaurants, Vergnügungsparks und Museen. Aber man findet auch traditionelle Viertel, wo das Leben noch gemächlich vor sich hinplätschert. Unser Guide Faisal zeigt uns kleine Läden, wo Ghutras (Kopftuch für Männer), Kordeln, Hemden und Weihrauch verkauft werden. Die weiße oder rot-weiß karierten Ghutras schützen gegen die Sonne und werden traditionell zusammen mit einer schwarzen Kordel und einem weißen, bodenlangen Hemd getragen. Beide sollen sauber und gut gebügelt sein, ein Grund weshalb man in jedem Hotelzimmer ein Bügelbrett und Bügeleisen vorfindet (auch praktisch für Reisende!). Wir besuchen das „National Museum“, die moderne KAFD Grand Mosque und das Viertel Ad Diriyah, die Geburtsstätte Riyads. Während die Ansammlung von alten Lehmhäusern fachkundig renoviert wird, entstehen gleichzeitig moderne Cafés, Restaurants und Museen. Saudi-Arabien bereitet sich auf den Tourismus vor!
Bevor wir die Heimreise antreten, machen wir uns auf den Weg zum Jebel Fihrayn, auch bekannt als „The Edge of the World“. Von den 300 m hohen Klippen bietet sich ein ungehinderter Blick auf den fernen Horizont und die darunter liegende Ebene. Wir machen einen Spaziergang entlang der Abbruchkante, bevor wir es uns das letzte Mal auf unserem Teppich und Takwa gemütlich machen. Himmel und Erde scheinen zu verschmelzen und wir genießen noch einmal die Weite des Landes bei arabischem Kaffee und Tee, bevor wir am späten Abend zum Flughafen fahren und unsere Heimreise antreten.
Fazit:
Saudi-Arabien ist ein riesiges Land, das eine unglaubliche Vielfalt bietet und sich in hohem Tempo auf den Tourismus als neue Einnahmequelle vorbereitet. Es entstehen viele neue Luxusresorts, vor allem in der Region Al Ula, in der Wüste und am Roten Meer. Noch ist das Land relativ unentdeckt und man kann die schöne Natur in Ruhe entdecken. Meine Weggefährten in Saudi- Arabien waren sehr unterschiedlich, aber allesamt offen, freundlich, aufmerksam und für einen Scherz aufgelegt. Ich schätze ihre ruhige, zurückhaltende Art. Der Austausch war immer sehr bereichernd und auf Augenhöhe. Es war eine besondere Erfahrung, dieses Land, das so oft in der Kritik steht, von seiner positiven Seite kennenzulernen und den Alltag mit der lokalen Bevölkerung teilen zu können.